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Das chronische Erschöpfungssyndrom auf den Punkt gebracht

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Was ist das chronische Erschöpfungssyndrom

Das chronische Erschöpfungssyndrom, oft als ME/CFS bezeichnet, ist eine schwere organische neuro-immunologische Erkrankung. Sie ist eine der letzten noch wenig erforschten Krankheiten, von denen allein in Deutschland schätzungsweise 300.000 Menschen betroffen sind. Weltweit sind über 17 Millionen Menschen erkrankt.

Die meisten Betroffenen sind Frauen (ca.75%). Die Krankheit tritt bei vielen entweder im Jugendalter (10-19 Jahre) oder zwischen 30 und 40 Jahren auf. Viele Mediziner sehen sie als einen chronischen und unheilbaren Zustand an, allerdings gibt es bereits hoffnungsvolle Ansätze.

Die offizielle Bezeichnung für die chronische Erschöpfung ist Chronic Fatigue Syndrom (CFS) oder chronisches Erschöpfungssyndrom. Eine andere Bezeichnung ist die Myalgische Enzephalomyelitis. Enzephalomyelitis bedeutet Entzündung im Gehirn und Nerven, die zu Muskelschmerzen (Myalgie) führt.

Oft werden beide Begriffe synonym benutzt und als ME/CFS bezeichnet. Andere Bezeichnungen sind das chronische Müdigkeitssyndrom oder auch postvirales Müdigkeitssyndrom. Allerdings verharmlosen diese letzten Begriffe die Schwere des Leidens. Denn ME/CFS ist weitaus schlimmer als nur chronisch müde zu sein.

Wenn du dich hauptsächlich „nur“ müde fühlst, könnte folgender Blogartikel interessant für dich sein: Warum bin ich immer müde?

Das chronische Erschöpfungssyndrom und Burnout im Vergleich

ME/CFS ist offiziell bereits seit 1969 von der Weltgesundheitsorganisation als neurologische (nicht psychologische) Krankheit anerkannt. Auch im internationalen Diagnoseschlüssel ICD G93.3. wird sie nicht als psychologische Krankheit oder Depression bezeichnet.

Weil die CFS Erkrankung bei vielen Ärzten leider noch unbekannt ist, kommt es oft zur Fehldiagnose Burnout. Burnout ist streng medizinisch keine anerkannte Krankheit, sondern wird z.B. als Erschöpfungsdepression diagnostiziert. Allerdings gibt es klare Unterschiede zwischen dem chronischen Erschöpfungssyndrom und einem Burnout oder einer Depression.

Ein Burnout entsteht meist durch eine anhaltende Überforderung. ME/CFS bricht dagegen fast immer abrupt auf, oft durch eine virale Infektion. (Mehr dazu unter Ursachen) (Sprungmarke zu Ursachen).

Ein weiterer Unterschied der Erkrankungen: Zwar kommt es bei einem Burnout auch zu einer starken Erschöpfung, aber die Symptome sind meist psychischer Natur und nicht immunologisch oder neurologisch. Bei der chronischen Erschöpfung spielen dagegen hauptsächlich viele organische, neurologische und immunologische Symptome eine Rolle. (Mehr dazu unter Symptome)(Sprungmarke zu Symptomen)

Das Erschöpfungssyndrom und Depressionen im Vergleich

Es gibt klare Unterschiede zwischen ME/CFS und einer Depression. Da die Lebensqualität bei der chronischen Erschöpfung enorm leidet und es gleichzeitig noch wenige Heilungsansätze gibt, kann die Krankheit natürlich depressiv machen. Aber dann sprechen wir von einer sekundären Erkrankung, so wie z.B. auch Krebs depressiv machen kann.

Fünf Unterschiede zwischen chronischer Erschöpfung ME/CFS  und Depression
  1. Depression ist in erster Linie eine psychische, seelische Erkrankung. ME/CFS dagegen ist eine körperliche Erkrankung mit vielen körperlichen Beschwerden wie Grippeähnlichen Symptomen und Muskelschmerzen.
  2. Eine Depression entwickelt sich meistens schleichend. Die CFS Erkrankung dagegen tritt in den meisten Fällen plötzlich auf, z.B. durch einen Virusinfekt.
  3. Depressive Menschen neigen dazu, sich vom Leben zurückzuziehen und zu resignieren. CFS Betroffene dagegen möchten gerne am Leben teilnehmen, aber ihr Körper erlaubt es ihnen nicht. Trotzdem sind sie oft hoch motiviert, nach Hilfe zu suchen.
  4. Bei einer Depression helfen körperliche oder geistige Aktivitäten und es geht den Betroffenen dadurch meist besser. ME/CFS Erkrankte leiden dagegen unter einer körperlichen Intoleranz, der sogenannten Post-Exertional Malaise (PEM). Körperliche oder geistige Aktivitäten können die Symptome erheblich verstärken und die Krankheit verschlimmern.
  5. Chronisch Erschöpfte leiden meist unter extremen Schlafproblemen. Sie schlafen wenig oder sehr unruhig, weil die Organe ständig kämpfen. Der Erholungsfaktor der Nacht ist bei CFS Betroffenen sehr gering. Bei einer Depression treten diese Beschwerden selten auf.
  6. Nicht zuletzt ist die Erschöpfung selbst ein großer Unterschied. Bei ME/CFS ist die körperliche Erschöpfung extrem ausgeprägt. Bei der Depression spielt die Erschöpfung eine Nebenrolle.

Symptome des chronischen Erschöpfungssyndroms

Beim Erschöpfungssyndrom leiden Betroffene unter einer Kombination verschiedener Beschwerden. Deshalb das Wort “Syndrom”.  Wie äußert sich ein Erschöpfungssyndrom? Die ersten hier genannten Beschwerden sind typisch für ME/CFS. Hinzu kommt eine lange Liste vieler möglich auftretender Beschwerden und Themen, weil die multisystemische Krankheit alle Organe angreifen kann.

Für CFS/ME typisches Symptome
  1. Chronische andauernde Erschöpfung. ME/CFS wird erst diagnostiziert, wenn die Beschwerden mind. sechs Monate anhalten, also chronisch sind. Die Erschöpfung wird auch nach viel Ausruhen nicht besser.
  2. Extreme körperliche Schwäche. Bei ME/CFS fühlen sich die Betroffenen körperlich sehr geschwächt. Diese Entkräftung und starke Fatigue ist hauptsächlich körperlicher und nicht psychischer Natur.
  3. Verschlimmerung nach Anstrengung (Post-Exertional-Malaise). ME/CFS Betroffene leiden unter einer extremer Belastungsintoleranz. Schon nach geringer körperlicher oder mentaler Anstrengung können die Symptome stärker werden. Der Fachbegriff lautet  Post-Exertional Neuroimmune Exhaustion (PENE) oder Post-Exertional Malaise (PEM). PEM ist eines der Hauptmerkmale für ME/CFS.
  4. Grippeähnliches Krankheitsgefühl. Viele Betroffene leiden unter den verschiedensten grippeähnlichen Schmerzen wie z.B. geschwollenen Lymphknoten, Halsschmerzen, Gliederschmerzen, Muskelschmerzen.
  5. Kein erholsamer Schlaf. Viele Betroffene schlafen schlecht und wachen erschöpft auf. Sie leiden unter Ein- und Durchschlafschwierigkeiten (DIMS), haben extrem lebhafte (Alb-)Träume, Beinbewegungen im Schlaf (Periodic Leg Movements in Sleep = PLMS), Störungen der Schlafzyklen (Alpha-Wellen-Einbrüche) oder nächtliche Muskelzuckungen (Myoklonus).
  6. Schwindel  und Konzentrationsschwierigkeiten. Die neurologische Erkrankung kann zu unterschiedlichen nervlichen und geistigen Mangelerscheinungen führen, z.B.  Wortfindungsstörungen, Schwindel, Kreislaufprobleme oder mangelnde Konzentrationsfähigkeit.

Zu diesen typischen Symptomen können bei einer chronischen Erschöpfung viele weitere Beschwerden auftreten, wie z.B.

  • Hohe Infektanfälligkeit
  • Verschiedene Entzündungen
  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • Hals- oder Kopfschmerzen
  • Herz-Rhytmus-Störungen
  • Kalte Hände und/oder Füße
  • Wortfindungsstörungen, Schwindel, Konzentrationsschwäche
  • Nervliche Anspannung, verminderte Stresstoleranz
  • Empfindlich gegenüber Lärm, Licht, Berührung, Gerüchen, oder Geschmack
  • Reizdarm- oder blase
  • Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall
  • Fibromyalgie
  • Multiple Chemikalien-Sensitivität (MCS)

CFS Betroffene müssen sich also mit vielen unterschiedlichen Themen beschäftigen und diverse mögliche Ursachen abklären.

Ursachen – was löst die chronische Erschöpfung aus?

Die genauen Ursachen für ME/CFS sind noch nicht bekannt. Bei 45-70% aller Betroffenen wurde die Krankheit durch einen Virusinfekt ausgelöst, wie z.B. der Epstein-Barr-Virus oder neuerdings Covid-19. Bei anderen scheint der Auslöser ein Trauma ähnliches Erlebnis zu sein.

Neuere Studien vermuten eine Autoimmunkrankheit oder eine schwere Störung des Energiestoffwechsels als Ursache. Auch sozialer wie auch biochemischer toxischer Stress scheint bei der Erkrankung eine Rolle zu spielen.

Diagnose

Bisher gibt es weder Biomarker noch spezielle Laboruntersuchungen für das chronische Erschöpfungssyndrom. Deshalb kommt es oft zu Fehldiagnosen oder es braucht lange, um die tatsächliche Diagnose zu stellen.

ME/CFS kann erst dann diagnostiziert werden, nachdem andere mögliche Krankheiten ausgeschlossen wurden, wie z.B. Rheuma, Schilddrüsenunterfunktion oder HIV. Die wichtigsten Diagnose Marker nach diesem Ausschlussverfahren sind die typischen Symptome und die Krankengeschichte.

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Ist Heilung möglich?

Laut den meisten Medizinern scheint die Krankheit unheilbar. Andere geben eine Heilungschance von ca. 15% an. Die Möglichkeit, dass sich der Schweregrad verbessert und die Symptome sich reduzieren, liegt jedoch höher.

Manche Mediziner und auch die Geschichten Betroffener erzählen von Heilungerfolgen oder signifikanter Verbesserung der Beschwerden. In den meisten Fällen dauert der Heilungsprozess zwischen 6 Monaten und mehreren Jahren.

Es gibt also Hoffnung.

Behandlung und Therapie von CFS

Zurzeit gibt es noch keine medizinisch anerkannte Therapie für das chronische Erschöpfungssyndrom. Jede Erkrankung muss individuell behandelt werden. Meist zielt die Therapie darauf ab,

  • mögliche Ursachen zu eliminieren,
  • die einzelnen Symptome zu behandeln und
  • jeglichen Stress zu vermeiden.

Durch das sogenannte Pacing kann es längerfristig zu einer Besserung kommen. Pacing bedeutet, dass das individuelle Belastungs-Niveau strikt eingehalten wird (Sprungmarke zu 7.2). Ansonsten kann es schon bei kleinen Aktivitäten zur Überanstrengung und damit zu weiteren Rückfällen kommen.

Medikamente spielen meistens eine untergeordnete Rolle, können aber individuell für bestimmte Beschwerden eingesetzt werden, z.B. Schmerzmittel oder Medikamente für besseren Schlaf.

Viele Betroffene sind bezüglich der Therapie auf sich selbst gestellt, weil die meisten Schulmediziner kaum mit dem Syndrom vertraut sind.

Reha

Eine Reha wird dem Patienten irrtümlicherweise dann vom Arzt empfohlen, wenn die chronische Erschöpfung mit einer Depression oder einem Burnout verwechselt wird. Eine Reha ist in den meisten Fällen allerdings nicht anzuraten. Denn die üblichen therapeutischen Reha-Maßnahmen gehen meist schon weit über die Belastungsgrenze hinaus und führen bei den Patienten zu starken Rückfällen.

Sechs Tipps für Betroffene

  1. Sich mental auf die Situation einstellen
    Emotionaler Stress mag nicht der Auslöser der Krankheit sein, aber Stress verschlimmert die Beschwerden, verhindert den Heilungsprozess und verstärkt das empfundene Leiden. Deshalb ist es wichtig, sich emotional auf diese Situation einzulassen und ein gesundes Emotionsmanagement zu entwickeln. Dazu gehört auch Wut zulassen, Trauer erlauben und die Situation emotional akzeptieren.
  2. Das Leben der Situation anpassen
    Meist passen wir uns dem Alltag, den eigenen Plänen sowie den Anforderungen unserer Umgebung an. Bei dem chronischen Erschöpfungssyndrom ist es wichtig das Leben – soweit möglich – an das eigene Energieniveau anzupassen. Das bedeutet z.B. jeglichen Stress zu vermeiden, sich viel Ruhe und Entspannung erlauben, öfters Nein sagen und jede Entscheidung und Planung nach der Frage treffen: “Tut mir dies gut und habe ich die Energie dafür?” Diese bewusste Selbstfürsorge der strikten Schonung ist international als Pacing bekannt. Pacing bedeutet, sehr vorsichtig mit den eigenen Ressourcen umzugehen und jegliche Überlastung zu vermeiden.
  3. Passende Ärzte und Kontaktstellen aufsuchen
    Es gibt zwar noch wenige Mediziner die sich wirklich mit der Krankheit auskennen, aber sie können zumindest helfen, was Bluttests und das Abklären anderer Krankheiten angeht. Auch für die Behandlung einzelner Symptome sollten Ärzte unbedingt aufgesucht werden. Gleichzeitig berichten ME/CFS Betroffene, dass alternative Mediziner ihnen sehr geholfen haben. Ob z.B. Heilpraktikerin, Ayurveda oder Traditionelle Chinesische Medizin. Am besten ist es, sich nicht allein auf eine Ärztin/einen Arzt zu verlassen, sondern mehrere Anlaufstellen zu haben. Auch gibt es speziell für das chronische Erschöpfungssyndrom einige gute Anlaufstellen, wo du weitere Hilfe findest oder dich mit anderen Betroffenen austauschen kannst.
  4. Dem Körper durch Ernährung Gutes tun
    Ernährung spielt fast bei allen chronischen Krankheiten eine Rolle. Auch beim Erschöpfungssyndrom ist es wichtig, dem Körper die notwendigen Makro- und Mikronährstoffe zu geben sowie Ungesundes zu vermeiden.
    Auch manche Nahrungsergänzungsmittel sind meistens hilfreich. Am besten ist es, sich ausgiebiger mit dem Thema Ernährung, Entgiftung und Ergänzungsmittel zu beschäftigen.
  5. Hilfe für die Psyche in Anspruch nehmen
    Das chronische Erschöpfungssyndrom ist eine körperliche organische Krankheit. Trotzdem schlägt sie auch auf die Psyche und kann zu starken Depressionen führen. Gleichzeitig spielt das autonome Nervensystem eine wichtige Rolle, das wiederum mit unserem Denken und unserer Psyche verbunden ist.

    Therapeutische Hilfe kann deshalb sehr hilfreich sein. Ob Psychotherapie, Seelsorge oder eine andere Therapieform. Bei stark auftretenden Depressionen können zeitweise auch Medikamente helfen, wenn auch diese langfristig nicht empfehlenswert sind.
  6. Sich ganzheitlich mit dem Thema beschäftigen
    ME/CFS Betroffene fühlen sich oft als Opfer dieser noch relativ unerforschten Krankheit. Jetzt gilt es, aus dieser Opferrolle herauszukommen und die Selbstwirksamkeit zu stärken, anstatt sich allein auf Ärzte und Experten zu verlassen. Betroffene berichten dass es ihnen erst besser ging, als sie selbst anfingen über die Krankheit und relevante Themen zu recherchieren und nach Ursachen und Lösungen zu suchen.

    Auf dieser Website findest du deshalb weitere Artikel und Links auf andere Plattformen, um die Krankheit ausführlicher zu studieren und dadurch viele Hoffnungsfunken aufzufangen.

Denn trotz allem gibt es Hoffnung auf Besserung.

Lass dich auf dieser Website dazu inspirieren.


fasynation-team
Autorenteam

Dieser Artikel wurde von mehreren Personen aus dem Fasynation-Team geschrieben. Mit Fasynation möchten wir dem Mysterium ME/CFS auf die Spur kommen, Erfahrungsberichte veröffentlichen, Informationen rund um das Thema ME/CFS anbieten und damit realistische Hoffnungsfunken streuen. Bitte beachte, dass es sich bei den Autoren um Erkrankte handelt, die nicht Medizin studiert haben, sondern sich in privater Initiative mit der Krankheit auseinandersetzen.

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